Ich suche alle meine Probleme, Schwierigkeiten, Ängste, Sorgen und Belastungen zusammen – in jeder Ecke, hinter den Kissen, in den Töpfen, unterm Sofa. Alles, was ich finden kann, werfe ich übereinander, sodass ein beachtlicher Haufen entsteht. Dann falte ich alles schön sorgfältig zusammen, möglichst platzsparend, und staple und stopfe es in die größte Reisetasche, die mein Keller hergibt. Und nun auf zur Bushaltestelle!
Auf dem Weg dorthin wiegt die Tasche schwer auf meinen Schultern. Sie zieht mich nach unten, erdrückt mich fast. Eine Last, von der ich eindeutig eine Auszeit brauche.
Da kommt der Bus ja endlich! Ich steige ein, setze mich ganz hinten hin und stelle meine Tasche auf dem Sitz neben mir ab, quetsche sie richtig in die Ecke. Immer wieder spähe ich skeptisch um mich, beobachte prüfend und abwägend die anderen Fahrgäste – ob mein Plan wohl aufgehen wird?
Einige Stationen weiter, schon außerhalb der Stadt, kommt mir ein Tumult zugute. Eine Diskussion zwischen einer älteren Dame, zwei frechen Teenagern und einem anzugtragenden Möchtegern-Schönling entsteht, alle sind abgelenkt – genau die Chance, auf die ich gewartet habe!
An der nächsten Haltestelle schlängle ich mich möglichst unauffällig, aber auch schnell aus dem Bus. Hinter mir ein Zischen, die Türen gehen zu, schon geht es weiter – ohne mich, aber dafür mit meiner Tasche. Die habe ich absichtlich im Fahrzeug zurückgelassen – und kein Mensch hat es bemerkt!
Mein Herz klopft noch wie verrückt vor Aufregung, die sich jetzt allmählich in ein Gefühl des Triumphes umwandelt. Yes! Ich sehe dem Bus hinterher. Meine Sorgen und Probleme sind gerade auf dem Weg nach Timbuktu – ohne mich! Und auch wenn ich weiß, dass sie früher oder später auf irgendeine Weise wieder zu mir zurückfinden werden, so bin ich sie doch jetzt erst mal für eine Weile los.
Beschwingt mache ich mich auf den Weg zurück nach Hause. Das Leben kann so einfach sein!